Stedefreund Berlin, Ausstellungsansicht INVITATION, 2010. Foto: Claus Bach

Ein Ort anderer Art

Im Kunsthaus Erfurt mitten in der Altstadt steht vor allem das Schaffen von Künstlerinnen im Fokus – und das nicht von ungefähr.

Wenn man durch die Erfurter Altstadt schlendert, stößt man im lateinischen Viertel, unweit vom Collegium Maius, dem ehemaligen Hauptgebäude der mittelalterlichen Universität, auf ein rotes Gründerzeithaus. Der Eingang, von einem dichten Bogen duftender, weiß blühender Rosen verborgen, öffnet sich zu einem Ort ganz anderer Art – dem Kunsthaus Erfurt.

Große, luftige Räume auf vier Ebenen beherbergen die zeitgenössischen Kunstschätze der Galerie, die besonders für ihr ambitioniertes, frisches Ausstellungsprogramm bekannt ist. Mit inzwischen mehr als 350 Präsentationen aktueller Kunst, der engagierten Förderung junger Künstlerinnen und Künstler und diskursiven Themensetzungen zu Fragen der Gegenwartskultur hat sie sich deutschlandweit einen Namen gemacht. Marina Abramović, Laure Prouvost oder Chicks on Speed stehen stellvertretend für ein Galerieprofil, das insbesondere das Schaffen von Künstlerinnen fokussiert. Und das nicht von ungefähr.

Wurde das Kunsthaus Erfurt doch 1990 von den Frauen der Künstlerinnengruppe Exterra XX gegründet. Exterra XX gehörte mit zu den wichtigsten Initiativen der nonkonformen Szenen in der DDR. Als erster Zusammenschluss von Künstlerinnen in der DDR 1984 in Erfurt begründet, testeten sie in Performances, Fotosessions, Filmaufnahmen, Modenschauen und vielen weiteren Aktionen die Grenzen der Kunstgattungen aus. Dabei war es den Akteurinnen wichtig, Freiräume für künstlerischen Eigensinn sowie für subjektive Formen der Kunstäußerung zu erringen. Als die Stadt Erfurt im Herbst 1989 sanierungsbedürftige Häuser verkaufte, ergriffen sie diese Chance und setzen ihre Idee von einem Zentrum für zeitgenössische Kunst um.

Heute umfasst das von einem gemeinnützigen Künstlerinnenverein betriebene Kunsthaus neben der Galerie, Atelier-, Werkstatt- und Depoträume sowie eine kleine Gästewohnung. Das Internationale Artist-in-Residence-Programm versteht sich als Plattform für Nachwuchskünstler*innen aus der ganzen Welt und ergänzt mit seiner globalen Vernetzung seit 2021 das Profil.